Klare Meinungen zur künftigen Nutzung der Rundfunkfrequenzen
Diskutierten bei den Österreichischen Medientagen: (v.l.) Mag. Michael Ogris/KommAustria, Dipl.-Kffr. Corinna Drumm/VÖP, Mag. Michael Wagenhofer/ORS, Cigdem Elikci/brutkasten (Moderation). © Wolfgang Schalko
Bei den Österreichischen Medientagen 2022 widmete sich eine Expertenrunde dem Thema „Infrastruktur als Innovationstreiber”. Den Hintergrund für die Diskussionsrunde lieferte die nächstjährige „World Radiocommunications Conference 2023 (WRC-23)“, bei der über die Nutzung des UHF-Bandes, dem letzten verbliebenen Frequenzbereich für den terrestrischen Rundfunk, ab 2030 entschieden wird.
Digitalisierung ermöglicht neue, innovative Verbreitungswege
Corinna Drumm, Geschäftsführerin des Verbands Österreichischer Privatsender (VÖP), unterstrich die Bedeutung der Medienvielfalt und eines niederschwelligen Zugangs zu Informationsangeboten für Gesellschaft und Demokratie. Die Rundfunkbranche habe ein ureigenes Interesse an der Digitalisierung, von der Produktion bis hin zur Verbreitung des Contents: „Wir wollen auf allen Empfangswegen und Endgeräten präsent sein. Daher kümmern wir uns auch um zukünftige Verbreitungswege wie 5G Broadcast, denn diese Technologie vereint die Vorteile von Rundfunk und Mobilfunk”, so Drumm.
Rundfunkinfrastruktur sichert Wettbewerbsfähigkeit
ORS-Geschäftsführer Michael Wagenhofer hob hervor, dass die Infrastruktur auch die Grundlage für Geschäftsmodelle bilde. Demnach erzielten die 50 umsatzstärksten audiovisuellen Konzerne in Europa im Jahr 2020 einen Umsatz von insgesamt rund 110 Mrd. Euro. 47 Unternehmen davon nutzen Rundfunkübertragungswege, lediglich drei sind OTT Player (die US-Anbieter Netflix, Amazon und DAZN). „Es liegt auf der Hand, dass die Infrastruktur das Rückgrat für den audiovisuellen Sektor und den Wettbewerb mit den globalen Playern in Europa ist“, so Michael Wagenhofer.
Um diesen Wettbewerbsvorteil weiter nutzen zu können, brauche es Innovation bei den Rundfunkübertragungsstandards. „Hier kommt 5G Broadcast ins Spiel. Wir machen das nicht, weil es technisch möglich ist, sondern um ganz konkrete Kundenbedürfnisse, wie zum Beispiel den mobilen Medienkonsum ohne Belastung des eigenen Datenvolumens, abzudecken. Damit wir diesen Innovationsschritt setzen können, benötigen wir jedoch die entsprechenden Rahmenbedingungen und Investitionssicherheit – was in erster Linie die langfristige Verfügbarkeit des Rundfunkfrequenzspektrums bedeutet“.
KommAustria-Vorsitzender bezeichnet Frequenzdebatte als skurril
Seitens der Regulierungsbehörde bezeichnete KommAustria-Vorsitzender Michael Ogris die Debatte um die zukünftige Nutzung des UHF-Bandes wörtlich als „skurril”, denn: „Wir haben seit 60 Jahren Rundfunk, seit knapp 20 Jahren Privat-Fernsehen, so viele Programme wie nie zuvor und jetzt überlegen wir, ob wir das abdrehen beziehungsweise anders nutzen.”
Auf die bei der WRC-23 zu klärende Frage, wie das UHF-Spektrum nach 2030 genutzt werden soll, meint Michael Ogris: „Ich glaube, wir sind definitiv noch nicht soweit zu sagen, dass wir die Terrestrik 2030 nicht mehr brauchen. In Frankreich, Italien oder Spanien wird man 2030 sicher nicht auf die Terrestrik verzichten können – und ich glaube, in Österreich auch nicht.”
Neue Publikation
Für umfassende Informationen rund um die bevorstehende Frequenz-Weichenstellung verwies Michael Ogris auf den soeben erschienenen Schriftenband „Rundfunk 2030 – Überlebt die Antenne?“ von KommAustria und RTR, in dem zahlreiche nationale und internationale Experten zu Wort kommen.